Dienstag, 3. August 2010

Sexueller Missbrauch einer minderjährigen Schutzbefohlenen: Was genau machte der Adoptivonkel - oder etwa gar nichts?

Michael Horling

Schweinfurt (03.08.2010) - Dem Schöffengericht des Schweinfurter Amtsgerichtes um den vorsitzenden Richter Dr. Wahler und Staatsanwalt Hein wurde es nicht leicht gemacht. Der sexuelle Missbrauch eines noch dazu minderjährigen Schutzbefohlenen wurde einem in Schweinfurt lebenden Vietnamesen vorgeworfen. Doch der 59 Jahre alte Renter wies beharrlich alle Vorwürfe von sich. Obwohl er schon 1991 nach Deutschland kam, musste ein Dolmetscher übersetzen. Karge Antworten kamen auf viele Fragen, letztlich musste der Prozess sogar noch vor den ersten Zeugenaussagen ausgesetzt werden.

Die Anklageschrift ließ eine höhere Strafe als logisch erwarten. Es ging um drei Tatkomplexe, der erste stammt vom Februar 2006. 2005 kam die Geschädigte als 13-Jährige nach Schweinfurt, wurde von ihrer Tante und dem Onkel, dem Angeklagten, adoptiert. An Nachmittag des besagten Tages soll sie eingeschlafen sein. Er, der erst Fernsehen schaute und der um die Abwesendheit seiner arbeitenden Frau wusste, soll ihr dann unter den Slip und unter das T-Shirt gegriffen haben. Sie stellte sich schlafend, verhinderte sein Eindringen in ihren Körper mit der Zunge nicht. Dann kam die Frau nach Hause. Über drei Jahre später der nächste Vorfall: Das Adoptivkind war nun 18 Jahre alt, wurde selbstständig, ließ sich von ihm beispielsweise nicht mehr zur Schule fahren. Er soll sie aufgefordert haben, ihn zu küssen. Als sie das nicht tat und weglief, packte er sie und setzte sich auf sie, drohte an, sie zu töten.

Drei Tage später stellte die Geschädigte mit der Adoptivmutter einen Strafantrag. Auch wegen Nötigung, Körperverletzung und Bedrohung. Die Ehe ging so in die Brüche, die beiden Frauen verreisten für längere Zeit. Als beide wieder nach Hause kamen, wunderten sie sich, dass er noch entgegen der Aufforderung in der Wohnung in der Schweinfurter Innenstadt lebte. Ende 2009 soll er im betrunkenen Zustand das Kind geschubst haben, so dass es zu Boden fiel. Nach den angeblichen Worten. "Ich bumse deine Mutter", natürlich auf Vietnamesisch. In seiner Heimatsprache soll er auch etwas auf den Schrank geschrieben, haben, das übersetzt heißen muss: "Ihr seid scheiße!"

Mittlerweile lebt der Mann im Landkreis Schweinfurt, verdient sich zur kargen Rente als Küchenhilfe etwas hinzu. Mit ständigem Kopfschütteln stritt er alle Vorwürfe ab. Nie sei etwas passiert, nie habe er etwas gemacht. Die Zeichen auf dem Schrank würden beispielsweise in etwa bedeuten: "Schlechte Sachen soll man nicht machen." Bedrohungen, versuchte Küssen, Gewalt oder gar ein sexueller Missbrauch? Das alles hätte es nie gegeben. "Also sind Sie die Unschuld vom Lande? Ich glaube aber nicht an den Weihnachtsmann", so Richter Dr. Wahler.

Bei einer Vorabsprache signalisierte der Staatsanwaltschaft, dass er bei einem Geständnis eine milde Strafe für möglich halten könnte, wenn dem Opfer die erneute Aussage erspart bliebe. Zwei Jahre Freiheitsstrafe zur Bewährung standen im Raum. "Ansonsten wird es eine härtere Strafe geben, wenn das Gericht von ihrer Schuld überzeugt ist", warnte der Staatsanwalt.

Doch der Angeklagte entschied sich für eien Geschichte, die er als Wahrheit verkaufte: Bis März 209 sei die Familie glücklich gewesen und normal. Danach sei seine Frau unzufrieden gewesen, habe betont, er verdiene zu wenig. Die Frau soll einen anderen Mann ins Spiel gebracht haben, angeblich einen Taxifahrer. Etwas wirr berichtete er von einem Haus, von 20.000 Euro als Startgrundlage von 2000 Euro im Monat. Jedenfalls will er nicht einverstanden gewesen sein, seine Frau herzugeben und das Adoptivkind zu behalten. Also sei seine Frau böse geworden und habe Druck auf ihn ausgeübt. Daher die vielen Vorwürfe.

Bevor das Opfer aussagen konnte, beantragte der Verteidiger, Rechtsanwalt Krause, ein Glaubwürdigkeitsgutachten über die 19-Jährige. Solange wurde die Verhandlung ausgesetzt. Bei der Wiederaufnahme wird auch ein neuer Dolmetscher übersetzen. Der alte gab zu bruchstückhaft wieder, was der Angeklagte sagte.

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