Mittwoch, 19. Mai 2010

Der blutige Weg der Schmuggel-Zigaretten

Norbert Scheithauer vom Zoll erklärt, auf welchen Routen die Zigaretten-Schmuggler nach Deutschland kommen.

330 Millionen Jin Ling überschwemmen den Berliner Mark

Berlin - Täglich stecken sich Raucher in Berlin verschämt die gelbe Packung mit der Ziege unter die Jacke. Stangenweise überschwemmt Jin Ling, die illegale Zigarette, den Berliner und Brandenburger Markt. Schon jetzt ist Jin Ling im Osten Berlins die am häufigsten gerauchte Marke. Der Handel mit der Schmuggelkippe ist ein Milliardengeschäft. Ein blutiges.

Vor Bahnhöfen, an Plätzen in Berlin und auf Brandenburger Landstraßen stehen die Händler. 1,80 Euro kostet die Schachtel im Verkauf, 12 Cent in der Herstellung. Gewinn: mehr als 1000 Prozent! "Der Handel mit den Schmuggelkippen gehört zu den lukrativsten Geschäften international operierender Verbrechersyndikate," erklärt Norbert Scheithauer (52), Sprecher des Berliner Zollfahndungsamtes.

Die Zigaretten kommen auf verschlungenen Wegen, gesäumt von Schweigen, Blut und Geldgier nach Berlin: Jin Ling ist ein Imperium, eine Parallelwelt, in der neben Zigaretten auch Drogen, Menschen und Prostituierte gehandelt werden.

Jeden Tag erreichen 900 000 Jin Ling-Zigaretten Berlin. Das sind 330 Millionen im Jahr. Dem Fiskus gehen allein in Berlin täglich 160 000 Euro durch die Lappen. Scheithauer kennt die Schmuggelpfade der Jin Ling-Mafia: "Hergestellt werden Jin Ling von der Baltischen Tabakfabrik. In drei Werken in Kaliningrad, Chisinau (Moldawien) und Donetsk (Ukraine) wird ausschließlich für den Export produziert." An 365 Tagen rund um die Uhr stopfen Arbeiter unter primitiven Bedingungen Jin Ling.

Direkt ab Werk kaufen vertrauenswürdige russische Händler die Zigaretten containerweise. Auf zwei Hauptschmuggelrouten gelangen die Kippen dann nach Deutschland: per Schiff über Istanbul, die Griechischen Inseln nach Venedig, von dort weiter per Lkw nach Deutschland. Oder auf der sogenannten "Warschauer Allee", der A2, einer Fernstraße die tief in den Osten führt und auf der Tausende Laster über Polen in Richtung Berlin rauschen.

Nur mit Glück oder mit Hilfe von Insider-Tipps und abgehörten Telefonaten ist für den Zoll ab und zu ein größerer Fang drin. Ist die Ladung erstmal in Deutschland wird es noch schwerer.

In irgendeiner verlassenen LPG-Lagerhalle entladen Helfer die Wagen, Mittelsmänner übernehmen die Ware, fahren mit Kleintransportern die nächste Station an. Schon in der DDR hatten die Vietnamesen wegen ihrer Textilgeschäfte gute Kontakte nach Osten. Jetzt sind die Straßenhändler das einzige sichtbare Glied einer Verbrecher-Organisation, die das blutige Geschäft mit harter Hand führt.

Exekutionen auf offener Straße, Schutzgelder: In den 90ern tobte der Zigaretten-Krieg in Berlin. 1996 wurden innerhalb von fünf Monaten allein 18 Vietnamesen hingerichtet. Und auch heute kommt es immer wieder zu blutigen Kämpfen um die Vorherrschaft im Zigarettengeschäft. Die Drahtzieher im Hintergrund machen sich die Hände nicht schmutzig. Das Geschäft mit der gelben Ziege läuft bestens.

SHI

Nguồn: http://www.berlinonline.de/berliner-kurier/print/berlin/304615.html