Anklage gegen das Finanzamt: So stand Henning Schröder am Montag an der S 272.
Foto: Lars Rosenkranz
Schwarzenberg/Schönheide. Ein Kleinunternehmer aus Schönheide soll dem Finanzamt in Schwarzenberg nachweisen, dass er kein Einkommen in Vietnam hat. Aber wie beweist man etwas, das nicht existiert? Am Montag hat der Mann öffentlich gegen die Methoden der Finanzbehörden protestiert.
Henning Schröder betreibt einen kleinen Büroservice in Schönheide. Er macht für andere Firmen die Buchhaltung oder hilft Existenzgründern, ihren Geschäftsplan durchzurechnen. Ein großer Designer ist der Welt dadurch nicht verloren gegangen. Das Schild, mit dem sich der 42-Jährige Montagnachmittag vor dem Finanzamt in Schwarzenberg aufbaute, wirkte reichlich improvisiert.
Anderthalb Meter Wellpappe mit aufgepinselten schwarzen Lettern: "Dieses Amt vernichtet Existenzen". Aber Schröder erhielt viel spontanen Beifall. Autofahrer hupten oder hoben die Daumen. "Ich könnte mich glatt dazustellen", meinte ein Geschäftsmann, bevor er zu seinem Termin in das Gebäude eilte.
Gut 20.000 Euro Steuern soll Henning Schröder nachzahlen. "Da müsste ich zumachen", sagt er. "Ich bin aber kein Steuerhinterzieher. Mir werden bloß Einnahmen unterstellt, die ich nicht habe."
Der 42-Jährige ist mit einer Vietnamesin verheiratet. Vor drei Jahren besuchten sie die Familie seiner Frau in Saigon und brachten 8000 Euro mit nach Hause. "Meine Frau besaß ein kleines Sparguthaben. Das hat sie aufgelöst", erklärt Schröder. Darüber hinaus habe sie Geld von ihren Eltern erhalten. "Weil sie zugunsten ihrer Schwester auf ihren Anteil am Familienvermögen verzichtet hat."
Das Geld brachten die Schröders zur Bank - wo es im Rahmen einer Betriebsprüfung vom Finanzamt entdeckt wurde. Nun behauptet die Behörde, die 8000 Euro seien "Einkünfte aus selbstständiger Arbeit" in Vietnam. Ergo müsse die Familie dafür Steuern zahlen. "Wir sollen beweisen, dass das Geld nicht aus Einnahmen in Vietnam stammt", sagt Schröder. "Aber wie soll das gehen? Ich habe beeidet, dass es sich um Privatvermögen handelt, aber das reicht der Behörde nicht."
Andererseits zeigte sich das Finanzamt auch nicht zufrieden, als der 42-Jährige ein Geschäft mit Vietnam offen zugab. So hatte er für 12.000 Euro Schnaps aus dem Erzgebirge an seinen Schwager verkauft - 1500 Flaschen "Grubenfeuer" von HUS-Liköre in Schlettau, die der Schwager in Vietnam weiterverkaufte. Als Selbstständiger machte Schröder rund 2300 Euro Vorsteuerabzug geltend. "Das sollte mein Gewinn sein", sagt er. Doch wieder hatte er die Rechnung ohne das Finanzamt gemacht. Da der Schwager zur Familie gehöre, sei das Geschäft kein Geschäft gewesen, sondern eine Privatangelegenheit, argumentierten die Prüfer.
Zusammengefasst: Das Finanzamt will Steuern für ein Geschäft, das es laut Schröder nie gegeben hat. Auf der anderen Seite erkennt die Behörde ein Geschäft, das gemacht wurde, nicht an, weil der Betroffene daraus Steuervorteile ziehen würde. Und das sind laut Henning Schröder nur die krassesten Beispiele für die Vorwürfe, die zu der 20.000-Euro-Forderung gegen ihn geführt haben
"Das hat Methode", glaubt der Buchhalter. "Ich habe den Eindruck, dass die Finanzämter immer häufiger mit Unterstellungen arbeiten, die nur schwer widerlegt werden können." Dass er kein Einzelfall sei, wisse er aus seiner Berufspraxis: "Ich kenne mindestens drei weitere Firmen, denen es ähnlich geht."
Susanne Zimmermann, die Stellvertreterin des Leiters des Schwarzenberger Finanzamts, wies diesen Vorwurf am Montag zurück: "Wir setzen lediglich die Steuervorschriften um, die vom Bund und den Ländern gemacht werden." Dabei gebe es auch keine Weisung von oben, den Firmen Einnahmen zu unterstellen.
Allerdings räumte sie ein, dass die Betriebsprüfer den Gewinn eines Unternehmens nicht immer exakt ermitteln, sondern ihn mitunter lediglich schätzen. "Das passiert aber nur, wenn die Buchführung nicht eindeutig ist", so Zimmermann.
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