Donnerstag, 8. April 2010

Haute Couture aus Niederscherli

Karin Hänzi

Hin Phu Tran aus Niederscherli kreiert Kleider, die auf roten Teppichen für Blitzlichtgewitter sorgen, widmet sich mit Verve der modischen Individualität und stellt derzeit im Gewerbemuseum Winterthur aus.

Die Tran Hin Phu Private Collection ist ein kleines, aber feines Angebot. (Adrian Moser)

Es war ein Karrierestart mit Paukenschlag: Ein halbes Jahr nach dem Diplom an der damaligen Hochschule für Kunst und Gestaltung Basel (heute Fachhochschule Nordwestschweiz), das er mit Auszeichnung in Empfang nehmen durfte, gewann Hin Phu Tran im Herbst 2001 als zweiter und bisher letzter Schweizer Modedesigner den Swiss Textiles Award. Dotiert mit 100 000 Euro, soll der Preis aufstrebenden Modeschaffenden zum endgültigen Durchbruch verhelfen. Ein Preis also, von dem die Träume so manches Modemenschen handeln dürften, der aber die Schweiz, zumindest aus Sicht der Designer, inzwischen nur noch im Namen trägt.

Denn wer heute dafür nominiert werden möchte, muss unter anderem bereits in Paris, Mailand, New York oder London präsentiert haben, in der weltweiten Modepresse besprochen worden sein und über internationale Verkaufskanäle verfügen. Voraussetzungen, die für einheimische Modelabels nur sehr schwierig zu erreichen sind, und auch Hin Phu Tran enterte die Pariser Laufstege erst dank den in der prestigeträchtigen Auszeichnung enthaltenen internationalen Präsentationen. Vor allem aber ermöglichte ihm der Gewinn, «mich gleich zu Beginn meiner Laufbahn selbstständig machen zu können». Ein Schritt, den er nicht missen möchte, auch wenn sein Konzept heute ein ganz anderes ist als damals.

Statt grosse Kollektionen produzieren zu lassen, die vielleicht nicht vollständig verkauft werden können, arbeitet der in Niederscherli aufgewachsene Kleidermacher nun vermehrt auf Mass. «Der ganze Zirkus war ökologisch irgendwann nicht mehr sinnvoll, das Kreieren auf Anfrage die logische Konsequenz.» Die Wende darf durchaus als «meine persönliche Auflehnung gegen die Globalisierung und überall auf der Welt gleich aussehenden Warenhausketten» verstanden werden, ist aber mindestens ebenso sehr vom Streben nach modischer Individualität geprägt. «So kann ich viel kreativer sein, muss weniger Kompromisse eingehen, keiner Masse entsprechen und kann meiner Leidenschaft für zeitaufwendige Details in der Gestaltung freien Lauf lassen.» Gemeint sind kunstvolle Drapierungen und Raffungen, präzis arrangierte und vernähte Schichtungen, aber auch ein Flair für nichtalltägliche Stoffe, allesamt in industrieller Produktion nicht realisierbar, weil unweigerlich mit einem horrenden Endverkaufspreis einhergehend. Nicht, dass Trans Massanfertigungen günstig wären. «In einem gewissen Sinne sind sie dennoch budgetfreundlich. Weil wir den Anspruch haben, zeitlos zu sein, sodass die Garderobe nicht halbjährlich ausgewechselt werden muss, sondern mit Lieblingsteilen bestückt ist.»

Die Wurzeln

Und so ist, was 2006 mit einer kreativen Pause und einem Umzug nach Zürich begonnen hat, nach und nach zu «Tran Hin Phu Private Collection» geworden, einem kleinen, aber feinen Angebot, das die einen Kundinnen für ein exklusives Kleid, die anderen zur Anfertigung ihrer gesamten Garderobe nutzen.

Der Name ist eine Hommage an die Wurzeln. Zwei Monate alt war Hin Phu Tran, als seine Eltern mit ihm und seinen Geschwistern aus Vietnam flüchteten. Anders als hierzulande wird im vietnamesischen immer zuerst der Nachname genannt. Es ist indes nicht die einzige Verbindung zum Ursprung. Weil es ihn die beste Art von Entwicklungshilfe dünkt und «Vietnam im Kunsthandwerk sehr stark ist», lässt er seine Armreife und Fingerringe aus Holz in seiner alten Heimat schnitzen.

Die Ausstellung «Kleid im Kontext» im Gewerbemuseum Winterthur dauert noch bis 2. Mai 2010. (Der Bund)

http://www.derbund.ch/bern/Haute-Couture-aus-Niederscherli/story/18265596
http://www.tranhinphu.ch/
http://www.gewerbemuseum.ch/